- Es gibt nur eine Regel: Es gibt keine Regeln. Fight Club oder so
- Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe. Pippi Langstrumpf
- Nimm an was nützlich ist. Lass weg, was unnütz ist. Füge hinzu, was Dein Eigenes ist. Bruce Lee
- „Du fragst mich, was soll ich tun? Und ich sage: Lebe wild und gefährlich, Artur.„
Artur Dieckhoff
Das ist nur die Einführung – die Regeln kommen weiter unten
01 Mut
- Ja, die Überschriften. Was soll das? Fotografieren ist doch einfach. Kann jeder.
Aber etwas anders machen, neu denken, auf Menschen zu gehen, sich durchsetzen, sich exponieren und das Risiko des Scheiterns zu tragen, das erfordert Mut. - Also: Herz und Augen öffnen. Nah ran gehen. Kommunizieren. Ausprobieren. Viel falsch machen und immer mehr richtig. Regeln vernachlässigen und Grenzen sprengen. Das macht mehr Spaß als der gängige Einheitsbrei.
02 Konsequenz
- Auch blöd. Wenn man etwas richtig macht, und nicht nur ein bisschen, wird plötzlich jedes Detail wichtig. Ausgeschlafen sein, das Umfeld bemerken, das Model fair bezahlen, einen Plan haben, einen Plan B haben. Technik im Griff, Akkus geladen, Konzept geschrieben, Moodboards erstellt, solche Sachen.
- Und dann kommt´s. Da anfangen, wo andere schon wieder aufhören. Und das Ganze nochmal. Merken, wenn was nicht funktioniert. Aufmerksam sein. Offen sein. Unzufrieden sein. Fehler nicht auf andere abwälzen. Ergebnisse hinterfragen. Alternativen ausprobieren.
- Auswahl, Anschnitt und Bildpaare bewusst vornehmen. Mit Kontaktbögen arbeiten. Bilder ausdrucken und aufhängen. Bildbearbeitung so lange machen, bis es passt. Wieder von vorne anfangen, wenn es nicht passt.
- Auf die Tonwerte achten. Die Arbeit fertig machen. Ganz fertig.
03 Intelligenz
Gute Bilder inspirieren ihre Betrachter, sie sind witzig, hintersinnig oder zweideutig. Gute Bilder setzen Assoziationsketten in Gang, sie sind Analogien, Parabeln oder Zitate. Gute Bilder sind nicht langweilig.
- Wer Bilder mit mehreren Bedeutungsebenen kreieren möchte, sollte die Klassiker in Fotografie, Film, Malerei und Grafik kennen und sich für die Psychologie der Wahrnehmung interessieren. Die Beurteilung von
fotografischen Arbeiten setzt die Kenntnis von Gestaltungsgrundlagen ebenso voraus wie emotionale Intelligenz: Wie wird der Rezipient reagieren? In diesem Kontext sei erwähnt, dass der Wurm dem Fisch
schmecken sollte, und nicht dem Angler.
04 Empathie
- Das werden die superlässigen Hipster-Fotografen nicht gerne hören: Fotografieren ist anstrengend.
Man arbeitet mit Menschen. Das ist ein Geben und Nehmen. Dazu gehört eine Prise Selbstzweifel. Offenheit. - Humor. Humanismus. Ironie. Solche Sachen.
- Ich entnehme der Biografie von Jürgen Klopp, dass er zum Geburtstag der Mutter des Greenkeepers kam. Vielleicht stimmt das nicht, aber es ist eine schöne Geschichte.
- Jeder, der fotografiert, sollte sich mal fotografieren lassen. Dann merkt man, dass es Unsicherheiten gibt, Schokoladenseiten und Zufälle, dass Interaktion wichtig ist, Souveränität und Vertrauen.
- Wenn man fremden Menschen begegnet, sollte man sich bekannt machen, Beweggründe erklären und zuhören. Vielleicht sollte Fotografie menschlich sein.
05 Dialog
- Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Aber was sagt ein Bild?
Der Kontext ist wichtig, der Sender-Empfänger-Prozess. Was will mir der Autor damit sagen und wie? Zwischentöne sind möglich. Es gibt unterschiedliche Arten von Bildern. Dokumentation, Image, Werbung … - Power is nothing without Control, will uns Pirelli sagen. Sprintweltmeister Carl Lewis brilliert als Testimonial. In den 90er Jahren konnte jeder die Werbebotschaft verstehen. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher.
- Zielgruppenaffine Werbung kann auch Astra. Die Brauerei handelt sich jedes Jahr eine Rüge der Werbeaufsicht ein – auch das ist Teil des Konzepts.
06 Harmonie
- Oder auch Disbalance. Ein Foto ist flächig. Auf einer Fläche wirken optische Gewichte. Diese positioniert man am besten so, das das gesamte Bild ausgewogen und harmonisch wirkt, während die einzelnen ildbestandteile
miteinander um die Aufmerksamkeit des Betrachters konkurieren. - Natürlich gibt es Kompositionsschemata. Drei-Drittel-Regel, Goldener Schnitt, Zentralkomposition, Symmetrie, Dreipunktkomposition, Perspektive und Farbe können von Bedeutung sein – aber auch Mischung von alledem.
- Wichtig ist vor allem ein gelungenes „Framing“: Der Anschnitt muss „sitzen“. Wichtiger als was auf dem Bild zu sehen ist, ist, wo es aufhört. Das ist meine feste Überzeugung. Ausprobieren, andere nach ihrer Meinung fragen. Lernen.
- Mal was Schönes. Ein Bild kommt selten allein. Bilder werden meist im Rahmen von Anzeigen, Plakaten und anderen „gemischten“ Medien gezeigt. Da können Logos, Schrift und grafische Elemente hilfreich sein, um das ein oder andere Bild etwas aufzuwerten.
07 Stil
- Der gute Brad. Fotografiert von Annie Leibovitz, in den 90er Jahren, wie man sieht. Geschmäcker ändern sich, und das ist gut so. Die Art, mit Licht umzugehen, mit Farbe, mit Tonwerten, ist auch von der Mode abhängig.
Wie gut, dass es den Lightroom und seine Presets gibt, oder das Colour Lookup im Photoshop. So kann jeder jedes Bild so entwickeln, wie er möchte. Wie schön.
08 Präzision
- Eigentlich wäre die „Präzision“ im Bereich „Konsequenz“ (s.o.) abgehandelt. Aber ein paar Sachen gibt es noch. Es heißt häufig, die letzten 10% sind mindestens genauso aufwendig wie die ersten 90%. Diesen Aufwand sollte man aber nicht immer erst in der Postproduktion betreiben. Ein gutes Konzept, umfangreiche Recherche, sorgfältige Planung, präzises Arbeiten und der ständige Hunger nach dem bestmöglichen Ergebnis führt auch zu guten Ergebnissen. Das ist in jeder Disziplin der Fall. Ob man musiziert oder Sport betreibt – der Unterschied liegt meist im Detail, bzw. in der Detailversessenheit.
- Welche Optik für welchen Zweck? Großformat? Filtereinsatz?
Raw-Konvertierung. Luminanzmasken? Monitor-Kalibrierung. Auf all diese Fragen gibt YouTube eine Antwort. Ausprobieren muss man es trotzdem selbst. - Es geht also um die Liebe zum Detail.
Da kann man ruhig mal aus der Bibel zitieren (Paulus , Das Hohelied der Liebe aus dem 13. Kapitel des 1.Korintherbriefs) : Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und
hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.
So ist das mit der Liebe (zum Detail)
09 Flexibilität
- Moshe hadert mit Gott, der Welt und dem Schicksal. Er geht zum Beten in die Wüste und klagt Gott sein Leid: „Herr, warum bist du so grausam? Ich war dir immer ein guter Diener. Alles hast du mir genommen. Wenn es dich gibt, zeig mir, dass du ein guter Gott bist, und lass mich einmal in der Lotterie gewinnen!“
Nichts passiert. Am nächsten Tag betet Moshe wieder: „Herr, gib mir eine Chance, lass mich wenigstens einmal im Lotto gewinnen.“ Nichts passiert. Er betet weiter, eine Woche, einen Monat, ein ganzes Jahr. Als er nach einem Jahr wieder anfängt zu klagen: „Herr, gib mir eine Chance, lass mich doch einmal im Lotto gewinnen“, passiert ein Wunder: Der Himmel über ihm öffnet sich, und eine tiefe Stimme spricht: „Moshe, ich hab dein Klagelied ein Jahr lang anhören müssen. Jetzt, bitte, gib du mir eine Chance – und kauf dir endlich ein Los!“
Nach Eckart von Hirschhausen - Als Richard Avadon das Bild auf der rechten Seite aufgenommen hat, ist er sicher nicht morgens mit der Idee aus dem Haus gegangen, mal ein lässiges, kopfstehendes Kleinkind zu fotografieren. Wie ist es also zu diesem Bildgekommen. Er war flexibel. Und er hatte eine Kamera dabei.
10 Authentizität
- Kate Moss, fotografiert von Peter Lindberg, auch in den 90ern. Zu geschönt?
Zu viel Pose? Zu weiches Licht? Nicht authentisch? Da ist doch das Bild untern
viel authentischer. So muss ein Mensch aussehen.
Das Bild ist auch von Lindberg. - Vielleicht nähern wir uns der Authentizität von einer anderen Seite:
Das perfekte Bild hat Fehler. Ein versöhnliches Schlusswort. - Immer gutes Licht ☺